Berechnung der Portfoliorendite
Wie hoch ist die Rendite meines Portfolios? – Auf den ersten Blick eine einfache Frage, auf die es eine ebenso einfache Antwort geben sollte. Aber eben nur auf den ersten Blick. Und auch viele unserer Kundinnen und Kunden scheinen an der Komplexität der Beantwortung dieser Frage zu scheitern. Wir gehen hier auf verschiedene Ansätze ein und erklären im Detail, wie wir die Rendite Ihres Portfolios berechnen.
Schauen wir uns folgenden Wertverlauf eines Portfolios an. Nehmen wir an, zu Beginn unseres Zeitfensters befinden sich genau 10’000 CHF im Portfolio. Später erfolgen eine weitere Einzahlung und eine Teil-Auszahlung. Zwischenzeitlich ändert sich die Anlagestrategie und das Portfolio wird auf andere Anlageklassen umgeschichtet. Am Schluss des Zeitfensters befindet sich der Wert des Portfolios bei 40’000 CHF.
Die essentielle Frage, die wir uns hier stellen wollen, ist: Was ist die Performance dieses Portfolios? Wie können wir diesem komplexen Auf und Ab des Portfolio-Wertverlaufs eine Renditezahl zuordnen, welche die Wertveränderung korrekt widerspiegelt?
Erster Versuch: «Naiver» Ansatz
Die erste Idee, die einem in Sinn kommt, könnte Folgendes sein: Gewinn geteilt durch die Netto-Anlagesumme, wobei die Netto-Anlagesumme alle Einzahlungen abzüglich aller Auszahlungen beinhaltet. Obwohl die Idee, diese zwei Kennzahlen miteinander zu dividieren, nicht schlecht ist, so ist das Resultat in den meisten Fällen schlichtweg falsch, und zwar in den Fällen, in denen sich im Betrachtungszeitraum Ein- oder Auszahlungen befinden. Denn die berechnete Rendite wird durch Einzahlungen verwässert und durch Auszahlungen aufgebauscht.
Um ein besseres Verständnis dafür zu bekommen, schauen wir uns drei verschiedene Szenarien an: Im ersten Szenario eröffnen wir ein Portfolio und zahlen 10’000 CHF ein, die im Markt investiert werden. Wir lassen das Portfolio so liegen und stellen nach einem Jahr fest, dass der Wert des Portfolios auf 10’600 CHF gewachsen ist. Im zweiten Szenario nehmen wir an, dass wir zusätzlich am letzten Tag des Jahres die Anlagesumme noch schnell um 100’000 CHF aufstocken. Und im dritten Szenario lösen wir stattdessen einen Teil des Portfolios auf, sodass noch 700 CHF im Portfolio übrig bleiben.
Szenario 1: Wir haben weder Ein- noch Auszahlungen getätigt. Da der Portfoliowert nun bei 10’600 CHF ist, beträgt der Gewinn 600 CHF. Jetzt wäre es fair zu sagen, dass unsere Portfoliorendite für diesen Zeitraum bei 600 / 10’000 = 6% liegt.
Szenario 2: Die Netto-Anlagesumme summiert sich nun auf 110’000 CHF (was die Summe aus der Erstinvestition und der späteren Einzahlung ist). Die Berechnung nach dem «naiven» Ansatz würde erfordern, dass wir nun 600 CHF durch 110’000 teilen, was in bescheidenen 0.545% resultieren würde. Wie bitte? Wir zahlen 100’000 CHF ein und werden plötzlich mit einer miserablen Rendite bestraft? Klingt falsch. Ist es auch. Die berechnete Rendite wird durch Einzahlungen verwässert.
Szenario 3: Auf analoger Weise, wenn wir stattdessen am letzten Tag des Jahres einen Grossteil der Anlagesumme aufgelöst hätten, nämlich 9'900 CHF, würden noch genau 700 CHF im Portfolio übrig bleiben. Man kann es sich schon denken, die berechnete Rendite ist nun absurd hoch, nämlich 600 / 100 = 600%. Man sieht, die berechnete Rendite wird durch Auszahlungen aufgebauscht. Noch absurder wird der Extremfall, wenn wir die gesamte Erstinvestition auszahlen würden und nur mit dem Gewinn investiert bleiben würden. Dann hätten wir laut dieser Berechnung eine unendlich positive Rendite, da wir ja quasi ohne Kapitaleinsatz Gewinn erwirtschaften würden.
Auch wenn diese Methode unkompliziert zu berechnen ist, so ist dieser Ansatz zu naiv. Die berechneten Renditen sind irreführend und nur korrekt, wenn nach der Ersteinzahlung keine weitere Zahlungsströme mehr folgen. Aus diesem Grund verwenden wir diese Methode nicht. Ein Weg, um Zahlungsströme korrekt zu berücksichtigen, ist die Berechnung mit der geldgewichteten Methode.
Die geldgewichtete Rendite berücksichtigt die Folgen von Ein- und Auszahlungen
Schauen wir uns wieder unser ursprüngliches Beispiel an. Was können wir tun, dass der Portfolio-Wertverlauf weniger komplex erscheint? Da wir explizit die Folgen von Ein- und Auszahlungen ins Auge fassen wollen, blenden wir mal kurz das kurzfristige Auf und Ab des Marktes aus und fokussieren einzig auf die Zahlungsströme. Welche Zahlungsvorgänge finden in unserem Beispiel statt? Nach einer Ersteinzahlung folgen eine weitere Einzahlung und danach eine Auszahlung. Am Schluss gibt es einen Endbestand.
Und genau das sind die Daten, die gebraucht werden, um die geldgewichtete Rendite (auf Englisch: Money-Weighted Return, kurz MWR) zu berechnen: Die Zeitpunkte und Höhen der Zahlungsströme sowie der Endwert. Die MWR-Berechnung nimmt diese Daten, ignoriert die kurzfristigen Bewegungen der Märkte und sucht stattdessen nach einer Kurve mit exponentieller Wachstumsrate, die, gegeben dem gleichen Anfangswert und den gleichen Ein- und Auszahlungen wie das tatsächliche Portfolio, auf den gleichen Endwert kommt.
Diese Kurve kann intuitiv wie das Wachstum eines Kontos mit fixem Zins verstanden werden. Aufgrund des Zinseszins-Effekts wächst diese Kurve exponentiell. Wenn wir uns nun ein idealisiertes Sparkonto vorstellen, mit dem gleichen Anfangswert und Zahlungsströmen wie in unserem tatsächlichen Portfolio, gibt es einen fixen Zinssatz, der den Betrag auf dem Spar-Konto so hoch wachsen lässt, dass der gleiche Endwert resultiert wie in unserem tatsächlichen Portfolio. Diesen fixen Zinssatz nennt man auch Fixed Rate Equivalent, denn dieses Spar-Konto ist nun äquivalent zu unserem Portfolio. Diese Äquivalenz erlaubt es uns, den hypothetischen Zinssatz dieses Sparkontos als Portfolio-Rendite zu sehen.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Zeitpunkte, zu denen die Zahlungsströme stattfinden, von grosser Bedeutung sind. Die Zeiten, in denen man stark im Markt investiert ist, fallen viel stärker ins Gewicht als jene, in denen man kaum im Markt exponiert ist. In die Berechnung der Portfoliorendite mittels MWR fliessen diese Zeitpunkte mit ein, weshalb sich der MWR dazu eignet, zu beurteilen, wie gut das Timing der Ein- und Auszahlungen war.
Um es noch einmal zu betonen: Der MWR misst grundlegend zwei Dinge: a) wie gut sich der Wert der Investition entwickelt hat und b) ob Ihr Timing-Verhalten erfolgreich war.
Aber wie genau wird der MWR nun gerechnet?
Für alle, denen diese Erklärung nicht genug weit geht und in die mathematischen Details eintauchen möchten, folgt hier eine Vertiefung der Berechnung des MWR; alle anderen können diesen Absatz einfach überspringen.
Ein Portfolio verhält sich wie eine Cashflow-basierte Projektinvestitions-Rechnung:
- mit Anfangsinvestition,
- eventuellen weiteren Investitionen und
- einer oder mehreren Auszahlungen.
Der Endwert des Portfolios wird als finale Auszahlung betrachtet. Da die Zeitpunkte der Cashflows eine Rolle spielen, werden diese auf den Anfang des Beobachtungszeitraum diskontiert.
Oder in Worten: Der heutige Barwert (auf Englisch: Present Value) ist der diskontierte Wert aller (positiven sowie negativen) Cashflows. Da in unserer Rechnung angenommen wird, dass das Portfolio am Schluss geleert wird und der Endwert als finaler Auszahlungswert interpretiert wird, setzen wir den Barwert in der obigen Formel gleich null. Die einzige Unbekannte in unserer Rechnung ist nun der Diskontfaktor i. Einigen wird die obige Formel aus der Finanzmathematik bekannt sein; man nennt den gesuchten Diskontfaktor i auch den Internal Rate of Return:
wobei CF ein positiver oder negativer Cashflow sein kann. Um diese Gleichung nach dem IRR aufzulösen, bedient man sich einer numerischen Methode zur Nullstellensuche. Falls es sich bei der Zeitperiode t nicht um ein Jahr handelt, muss der resultierende IRR-Wert annualisiert werden (also auf einen effektiven Jahreszinssatz umgerechnet werden), sodass das Resultat als MWR interpretiert werden kann.
Wann ist der MWR nicht sinnvoll?
Etwas, das diese Rendite-Rechnung nicht erlaubt, ist die Vergleichbarkeit zu anderen Portfolios oder zu Benchmarks, denn die Renditezahl ist direkt abhängig von den Zahlungsströmen. Was ist aber, wenn wir unser Portfolio anderen Portfolios gegenüberstellen wollen? Oder wenn wir unsere Anlage mit einem Benchmark vergleichen wollen? Sagen wir, wir haben in unserem Beispiel eine Umschichtung der Anlagen aufgrund einer Strategieänderung vorgenommen. Wie können wir nun überprüfen, ob unsere vorherige Anlagestrategie eine bessere Rendite erzielt hat oder unsere jetzige? In solchen Fällen ist es sinnvoll Ein- und Auszahlungen zu ignorieren und ausschliesslich die Anlageperformance im Markt zu betrachten.
Um die relative Marktentwicklung unabhängig allfälliger Zahlungsströme zu messen, verwendet man die zeitgewichtete Rendite. Mit ihr kann man ablesen, wie gut die Wertentwicklung einer bestimmten Anlage im Markt war, da Ein- und Auszahlungen das Resultat nicht beeinflussen. Dadurch sind verschiedene Anlagen vergleichbar, sofern der Beobachtungszeitraum derselbe ist.
Die zeitgewichtete Rendite misst das Auf und Ab der Produkte, in die das Portfolio investiert ist.
Um die zeitgewichtete Rendite (oder auf Englisch: Time-Weighted Return, kurz TWR) eines gesamten Beobachtungszeitraums zu berechnen, wird zunächst die Rendite eines jeden einzelnen Tages gesondert ermittelt. Diese wird folgendermassen berechnet:
Konkret heisst das, dass der Portfoliowert am Ende des Tages P₁ mit dem Portfoliowert am Ende des Vortages P₀ in Relation gesetzt wird; dies mag eine aufmerksame Leserin an die «naive» Methode erinnern. Wichtig ist allerdings hier, dass vom Portfoliowert P Ein- und Auszahlungen herausgerechnet werden müssen. Bei uns werden Einzahlungen zum Vortages-Portfoliowert hinzugerechnet und Auszahlungen vom aktuellen Tag abgezogen. Die Tagesrendite r₁ widerspiegelt die Marktentwicklung an der Börse für diesen Tag. Um nun auf die zeitgewichtete Rendite des gesamten Beobachtungszeitraums zu kommen, ist eine geometrische Verknüpfung der einzelnen Tagesrenditen notwendig:
wobei t der letzte Tag des Beobachtungszeitraums ist.
Welche Rendite ist nun die richtige? MWR oder TWR?
Wenn man diese beiden Renditezahlen gegenüberstellt, kann der Eindruck entstehen, dass sie nicht zusammenpassen. Es kann sogar passieren, dass die eine Grösse positiv ist und die andere negativ, z.B. eine positive zeitgewichtete und eine negative geldgewichtete Rendite. Das passiert, wenn der Markt eine aufsteigende und eine absteigende Phase hat, aber am Schluss dennoch im Plus landet. Wenn Sie kurz vor der absteigenden Phase nochmals nachinvestiert haben, könnten Sie trotzdem einen effektiven Verlust erlitten haben. Der umgekehrte Fall ist natürlich gleichermassen möglich.
Aus diesem Grund sind beide Rendite-Kennzahlen wichtig. Sie beide tragen jeweils ihren Anteil bei, Ihnen einen Einblick in die Wertentwicklung Ihres Portfolios zu übermitteln. Während die MWR, die geldgewichtete Rendite, Ihnen die effektive Wertveränderung Ihres Portfolios liefert, lohnt es sich, die TWR, die zeitgewichtete Rendite, im Auge zu behalten, denn diese gibt Ihnen einen Einblick in die Qualität Ihrer Anlagestrategie.
Salopp gesagt zeigt MWR den Effekt auf Ihr Portemonnaie und mit TWR können Sie Strategien vergleichen.
Apropos Strategievergleiche und Benchmarks: Gerne empfehlen wir Ihnen unseren Video-Podcast mit dem Titel «Was man über Benchmarks wissen muss».
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