Talk – Gründerland Schweiz mit Olivier Kofler, CEO Carvolution

22.04.2025
Felix Niederer
Zu Gast: Olivier Kofler, Start-up-Gründer und CEO von Carvolution

Olivier Kofler ist ein erfahrener Unternehmer und CEO von Carvolution, einem erfolgreichen Start-up in der Automobilbranche. Zuvor war er Mitgründer von Bexio, einer Business-Software-Firma, und gründete iBROWS, ein Unternehmen, das später an PwC verkauft wurde.

Heute habe ich das Vergnügen, mit Olivier Kofler zu sprechen, dem CEO von Carvolution. Olivier, willkommen im Coffee Talk!

Vielen Dank! Ich freue mich sehr, hier zu sein.

Olivier, du hast Bexio mitgegründet, eine Business-Software-Firma. Später hast du die iBROWS AG aufgebaut und an PwC verkauft. Es waren zwei grosse Erfolge. Heute leitest du Carvolution, ein innovatives Start-up in der Automobilbranche. Wie kam es dazu? Wie hat deine Reise als Gründer begonnen?

Bei mir war es weniger eine spezifische Idee, die wir unbedingt umsetzen wollten, sondern vielmehr der Wunsch, Unternehmer zu sein. Schon während meiner Lehre in einer kleinen Webagentur konnte ich aus nächster Nähe erleben und lernen, was es bedeutet, eine Firma aufzubauen – Fehler zu machen, zu wachsen und sich weiterzuentwickeln.

Nach der Lehre habe ich noch ein Jahr länger dort gearbeitet. In dieser Zeit wuchs mein Bedürfnis, selbst etwas aufzubauen. Gleichzeitig hatte ich das Glück, gute Mitgründer zu finden – Leute, die ich schon seit Jahren kannte. Gemeinsam haben wir beschlossen, uns selbstständig zu machen und mit einer Webagentur gestartet. Damals waren wir gerade mal 18 oder 19 Jahre alt.

Würdest du das wieder machen?

Ich würde jederzeit wieder gründen – da bin ich mir sicher. Ob ich es jedoch wieder so jung und mit genau dieser Idee tun würde, ist eine andere Frage. Als wir damals anfingen, Webseiten und Webshops zu entwickeln, steckte der Begriff «Cloud» noch in den Kinderschuhen. In jungen Jahren fehlt oft das berufliche Netzwerk, was es schwierig macht, die ersten Kunden zu gewinnen.

Mit der Zeit wurde es einfacher – mit mehr Erfahrung, mehr Kunden und einem grösseren Portfolio. Rückblickend war es eine extrem lehrreiche Zeit, aber auch eine sehr harte. Heute würde ich wahrscheinlich erst etwas später gründen. Vorher würde ich mir noch mehr Wissen aneignen und andere Erfahrungen sammeln, bevor ich den Schritt wage.

Du hast gesagt, es waren taffe Zeiten. Was ist generell die grösste Herausforderung, wenn man ein Unternehmen gründet?

Am schwierigsten waren die ersten drei, vier Jahre. Wir haben uns einen sehr tiefen Lohn ausbezahlt, weil wir möglichst viel ins Unternehmen reinvestieren wollten. In der Zeit hatte ich Freunde, die Donnerstag, Freitag, Samstag um die Häuser gezogen sind. Ich bin vielleicht mal mitgegangen, aber war dann der Erste, der um 9 oder 10 Uhr wieder zu Hause war. Erstens, weil ich mir nicht mehr leisten konnte. Zweitens, weil ich am Samstagmorgen wieder früh aufgestanden bin, um weiterzuarbeiten.

Das war schwierig. Während dein Freundeskreis sich weiterentwickelte, mehr Verantwortung übernahm und besser verdiente, stecktest du immer noch in der Aufbauphase fest – mit wenig Lohn, aber viel Arbeit. Da fragt man sich schon mal: Warum mache ich das alles, wenn es einen einfacheren Weg gibt? Aber das Schöne war, dass es Jahr für Jahr besser wurde – mit mehr Stabilität, besseren Arbeitszeiten und finanzieller Sicherheit.

Im Nachhinein ist es immer einfach, oder? Dann weiss man, dass es funktioniert hat.

Ja, absolut. Aber damals war das nicht so klar. Und das ist das Schwierige: Man investiert viel Zeit und Geld, und irgendwann will man auch einen Return sehen. Wenn der ausbleibt, wird es immer schwerer, sich selbst zu motivieren. Aber da hilft ein gutes Team. Mal hat der eine einen Durchhänger, mal der andere – und dann gibt man sich gegenseitig den nötigen Push. Es ist wichtig, Menschen um sich zu haben, die einen motivieren und mitziehen.

Man braucht also einen langen Atem – auch emotional. Es ist ja nicht so, dass es morgen wieder besser wird, sondern es kann Jahre dauern.

Absolut. Es ist eine emotionale Achterbahn. Man wartet auf den Tipping-Point, den Moment, an dem sich alles zum Besseren wendet.

Und das war bei eurer Webagentur?

Genau. Wir haben die Webagentur mit 18 oder 19 gegründet. Erst waren wir zu zweit, dann zu dritt, und dann sind wir sukzessiv gewachsen. Eine lustige Anekdote: Mit 19 haben wir unseren ersten Praktikanten eingestellt – er war 40. Plötzlich waren wir Arbeitgeber von jemandem, der doppelt so alt war wie wir.

Wir haben unsere Gewinne nicht einfach ausbezahlt, sondern in neue Ideen investiert – unter anderem in Bexio, das damals noch EasySys hiess. Irgendwann haben wir dann entschieden, das Projekt aus der Agentur auszugliedern, weil es ein anderes Geschäftsmodell war. Jeremias und Stefan haben das zusammen mit ein paar anderen dann wirklich gross gemacht.

Jetzt bist du bei Carvolution. Erzähl mal kurz, was ihr macht.

Wir bieten eine Alternative zum klassischen Autokauf oder Leasing: das Auto-Abo. Unsere Kunden schätzen vor allem drei Dinge:

  1. Finanzielle Attraktivität – in den meisten Fällen ist es günstiger als Leasing oder Kauf.
  2. Flexibilität – du kannst ein Auto ein Jahr fahren und dann einfach zurückgeben.
  3. Komfort – alles ist in einem Paket enthalten: Versicherung, Wartung, Service. Du zahlst eine fixe Monatsgebühr und musst dich um nichts kümmern.

Ich sage immer: Es ist wie Netflix, aber für Autos. Das Ganze funktioniert sehr gut, ich glaube wir haben damit voll ein Marktbedürfnis getroffen.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen? Gab es das Konzept schon im Ausland?

Léa Miggiano und Peter Schüpbach hatten die Idee schon lange. In den USA gab es solche Modelle schon früher, aber das Timing ist entscheidend. Bei Start-ups ist das einer der wichtigsten Faktoren. Man muss im richtigen Moment einsteigen – nicht zu früh, nicht zu spät. Wir haben relativ lange zugewartet und hatten dann irgendwann das Gefühl: Jetzt ist das richtige Timing! Und dann sind wir all-in gegangen.

Man braucht also gutes Timing, ein starkes Team – und vielleicht auch Glück?

Ja, absolut. Glück ist fast der grösste Faktor. Klar, man muss vieles richtig machen: Kunden gewinnen, ein gutes Team aufbauen, die richtige Strategie finden. Aber es gibt immer diese Momente, in denen alles auch anders hätte laufen können.

Ein Beispiel: Wie haben wir unseren ersten Investor für Bexio kennengelernt? Durch reinen Zufall, bei einem Hockeyspiel. Hätten wir uns dort nicht getroffen, hätte alles anders kommen können. Auch in der Agenturzeit sind wir durch pures Glück an einige der Kunden gelangt. Klar musst du anschliessend auch gut performen, um weiterempfohlen zu werden. Aber das Glück ist wirklich ein Faktor, den man nicht unterschätzen darf. Und du musst überlegen, wie du das Glück beeinflussen kannst.

Gibt es aus deiner Sicht einen volkswirtschaftlichen Nutzen für Start-ups?

Ja, absolut! Start-ups schaffen Arbeitsplätze und treiben Innovationen voran. In der Schweiz haben wir keine Bodenschätze. Wir müssen durch Innovation wettbewerbsfähig bleiben. Und nicht zuletzt setzen Start-ups die etablierten Unternehmen unter Druck, sich weiterzuentwickeln.

In der Schweiz sind die Anreize zum Gründen aber eher gering. Es gibt sichere Karrieren mit guten Löhnen. Wie siehst du die Rahmenbedingungen für Start-ups?

Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind gut – eine Firma zu gründen ist einfach. Die Behörden sind dienstleistungsorientiert. Die grössere Herausforderung sehe ich eher in der Wirtschaftskultur. Viele Banken oder Versicherungen haben wenig Risikobereitschaft, mit Start-ups zusammenzuarbeiten.

Fehlt in der Schweiz also die Kultur, Risiken einzugehen?

Ein Stück weit schon. Es gibt zwar positive Veränderungen, aber das Mindset ist noch nicht so risikofreudig wie etwa im Silicon Valley.

Liegt es am Kapital? Sollten Pensionskassen verpflichtet werden, in Start-ups zu investieren?

Ich glaube nicht, dass es an Kapital mangelt – zumindest nicht in der Frühphase. Später, wenn es um grössere Summen geht, wird es schwieriger. Viele Investoren suchen derzeit eher liquide Anlagen.

Was bedeutet Geld für dich persönlich?

Vor allem Peace of Mind – finanzielle Unabhängigkeit. Mir geht es nicht darum, möglichst viel zu haben. Ich brauche nicht viel zum Glücklichsein – ein Elektrobike, ein paar Hockeyspiele, das reicht. Wichtig ist mir eher, dass ich später nicht in finanzielle Unsicherheit gerate.

Wie investierst du dein Geld?

Sehr aktiv. Ich habe vier Investment-Buckets:

  1. Immobilien – primär zum Selbstbewohnen.
  2. Aktien & ETF – das ist der grösste Teil.
  3. Infrastruktur – Investments mit stabilen, wiederkehrenden Einnahmen.
  4. Venture Capital – Beteiligungen an Start-ups.

Viele Gründer investieren nach ihrem Exit in Start-ups. Macht dir das Spass?

Ja, total. Ich finde es auch wichtig, Wissen weiterzugeben. In der Schweiz beschäftigen sich noch zu wenige Leute mit dem Investieren. Viele lassen ihr Geld einfach auf dem Konto liegen, ohne sich bewusst zu sein, dass es durch Inflation an Wert verliert.

Letzte Frage: Welchen Tipp würdest du deinem 20-jährigen Ich geben?

Vielleicht: Nimm’s gelassener. Viele Dinge sind nicht so dramatisch, wie sie im ersten Moment erscheinen.

Olivier, vielen Dank für das Gespräch! Bis zum nächsten Mal.

Disclaimer: Wir haben für den Inhalt dieses Artikels grosse Sorgfalt angewendet. Trotzdem können wir Fehler nicht ausschliessen. Die Gültigkeit des Inhalts beschränkt sich auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung.

Über den Autor

author
Felix Niederer

Gründer und CEO True Wealth. Nach seinem ETH-Abschluss als Physiker war Felix erst mehrere Jahre in der Schweizer Industrie und darauf vier Jahre bei einer grossen Rückversicherung im Portfoliomanagement und in der Risikomodellierung tätig.

Laptop

Bereit zu investieren?

Konto eröffnen

Sie wissen nicht, wo Sie anfangen sollen? Eröffnen Sie jetzt ein Testkonto und wandeln Sie es später in ein echtes Konto um.

Testkonto eröffnen
Phone