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#29 Home Bias: Warum heimische Anlagen nicht immer die beste Wahl sind

13.08.2024
Felix Niederer

Viele Anlegerinnen und Anleger neigen dazu, in das zu investieren, was sie gut kennen und mit dem sie vertraut sind – das ist der sogenannte «Home Bias». «Home Bias» bezeichnet sich die Übergewichtung von Aktien aus dem eigenen Land. Ein rein inländisches Anlageportfolio kann zwar durchaus seine Vorteile haben, es bedeutet aber gleichzeitig auch, auf Renditechancen in anderen Ländern zu verzichten.

Keiner ist vor ihm sicher

Privatanlegerinnen und Privatanleger in der Schweiz investieren typischerweise in Schweizer Aktien. Dieser «Home Bias» ist aber nicht nur bei Privatinvestoren zu beobachten, sondern auch bei Fondsmanagern und institutionellen Anlegern wie Vorsorgeeinrichtungen. So liegt der Anteil von Schweizer Aktien bei den Pensionskassen in der Schweiz bei rund 40 Prozent.

Würden die Pensionskassen ihr Aktienengagement ohne jegliche geografische Präferenz global ausrichten, läge der Anteil der Schweizer Aktien im Portfolio nur bei rund zwei Prozent. Dies entspricht der Gewichtung der Schweizer Aktien im MSCI All Country World Index.

Gründe für den «Home Bias»

Der «Home Bias» ist kein Schweizer Phänomen. In fast allen Ländern ist die Vorliebe für den heimischen Aktienmarkt stark ausgeprägt. Doch woher kommt diese Tendenz? Es gibt einen psychologischen und einen technischen Grund.

1. Psychologisch: Vertrautheit mit dem eigenen Land

Der wohl wichtigste Faktor ist die Vertrautheit. Die grosse Mehrheit der Anleger fühlt sich wohler, wenn sie in Unternehmen investiert, die sie besser kennt. Meist sind uns Unternehmen im eigenen Land vertrauter, oder wir haben das Gefühl, sie besser zu verstehen. Aber auch die Loyalität zum eigenen Wirtschaftsraum kann eine Rolle spielen, da Anleger vielleicht heimische Unternehmen unterstützen wollen.

2. Technisch: Währungsrisiko als Faktor

Der zweite Grund ist eher technischer Natur. Investitionen in ausländische Aktien sind zwangsläufig mit einem Währungsrisiko verbunden. Als Schweizer Anleger wäre man aber selbst mit einem 100%igen «Home Bias» nicht vollständig vor dem Währungsrisiko geschützt. Die Schweiz beherbergt viele global tätige Unternehmen, die ihre Umsätze in verschiedenen Währungsräumen erzielen. Bei Nestlé, Roche und Novartis beispielsweise stammen 95 Prozent des Umsatzes aus dem Ausland. Dies verdeutlicht, warum der «Home Bias» für Schweizer Anleger ein trügerischer Schutz vor Währungsschwankungen ist.

Nachteile des «Home Bias»

Aus der Portfoliotheorie wissen wir, dass man mit einem zu starken «Home Bias» nicht effizient investiert ist. Denn die Kunst eines guten Portfolios besteht darin, ein optimales Rendite-Risiko-Verhältnis zu erreichen.

1. Diversifikation

Durch Diversifikation über verschiedene Anlageklassen, verschiedene geografische Märkte, aber auch über verschiedene Branchen kann das Gesamtrisiko des Portfolios reduziert werden, ohne die erwartete Rendite des Portfolios zu schmälern. Oder umgekehrt: Bei optimaler Diversifikation ist langfristig eine höhere Rendite bei gleichem Portfoliorisiko zu erwarten.

2. Renditechancen

Die Schweiz ist wirtschaftlich global sehr stark vernetzt. Das sieht man beispielsweise am SMI – die meisten der 20 Unternehmen im Index haben zwar ihren Sitz in der Schweiz, sind jedoch global tätig. Allerdings ist der Schweizer Aktienmarkt in drei Branchen stark übergewichtet. So bedeutet eine Investition in den Swiss Market Index (SMI) ein Engagement von rund 80 Prozent in nur drei Branchen: Gesundheit, Nahrungsmittel und Finanzdienstleistungen. Neuere und aufstrebende Branchen wie Informationstechnologie, künstliche Intelligenz etc. sind in der Schweiz nur marginal vertreten.

Mit einem zu starken «Home Bias» wird das langfristige Renditepotenzial nicht voll ausgeschöpft. Es werden Risiken eingegangen, für die keine Rendite zu erwarten ist. Ein vollständiger «Home Bias» wäre nur dann vertretbar, wenn man davon ausgeht, dass der Schweizer Aktienmarkt systematisch höhere Renditen abwirft.

Fazit

Der «Home Bias» ist ein weit verbreitetes Phänomen, das durch psychologische und technische Faktoren geprägt ist. Trotz der Vertrautheit und scheinbaren Sicherheit, die inländische Anlagen bieten, hat eine zu starke Fokussierung auf den heimischen Markt erhebliche Nachteile. Ein global diversifiziertes Portfolio ermöglicht es, Risiken zu streuen und weltweit von Renditechancen zu profitieren. Anleger sollten daher ihre Anlagestrategie kritisch hinterfragen und gegebenenfalls anpassen, um langfristig ein optimales Rendite-Risiko-Verhältnis zu erreichen.

Wie investieren Sie? Haben Sie auch bekannte Schweizer Liebhabertitel im Portfolio oder sind Sie global diversifiziert? Schreiben Sie mir eine E-Mail.

Disclaimer: Wir haben für den Inhalt dieses Artikels grosse Sorgfalt angewendet. Trotzdem können wir Fehler nicht ausschliessen. Die Gültigkeit des Inhalts beschränkt sich auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung.

Über den Autor

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Felix Niederer

Gründer und CEO True Wealth. Nach seinem ETH-Abschluss als Physiker war Felix erst mehrere Jahre in der Schweizer Industrie und darauf vier Jahre bei einer grossen Rückversicherung im Portfoliomanagement und in der Risikomodellierung tätig.

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